Welche Fähigkeiten und Erfahrungen brauchen junge ForscherInnen, die eine Karriere außerhalb der Universität anstreben, um am Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein? Was kann ihre Alma Mater zur Entwicklung dieser Skills, wie etwa unternehmerischem Denken und Handeln, beitragen? Diese und weitere Themen diskutieren 35 junge ForscherInnen mit ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen bei der „Arqus PhD Week for Careers outside Academia“ (13. bis 15. Oktober 2021) in Graz. Das Event bringt je fünf ausgewählte PhD-Studierende von jeder der sieben Partneruniversitäten der Arqus Allianz im GründerInnenzentrum Unicorn zusammen. Zwei von ihnen, beide Absolventinnen der Uni Graz, geben vorab einen Einblick in ihre Forschungen, Ziele und Erwartungen.
Anna Haselbacher hat vor Kurzem ihre Dissertation am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen abgeschlossen hat. Die 27-Jährige hat sich darin mit einem Aspekt des Urheberrechts befasst, und zwar mit der öffentlichen Wiedergabe von geschützten Werken. Darunter kann zum Beispiel die Verbreitung eines Signals über Fernsehgeräte in Hotelzimmern oder das Setzen eines Hyperlinks fallen.
Was haben Sie genau untersucht?
Der Gesetzestext definiert die Begriffe „öffentlich“ und „Wiedergabe“ nicht, was erhebliche Unsicherheiten mit sich bringt. Ich habe mir die zahlreichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu dieser Bestimmung angeschaut und daraus abgeleitet ein „Guidebook“ formuliert. So soll Klarheit in die mittlerweile unübersichtliche Rechtsprechung kommen und die Rechtssicherheit für EU-BürgerInnen gestärkt werden.
Warum ist Ihr Thema für die Industrie bzw. für Firmen außerhalb der Universität interessant?
Ich hatte als wissenschaftliche Mitarbeiterin bereits in einigen Projekten mit dem Thema Digitalisierung zu tun. Im Projekt VERDI haben wir uns angesehen, wie (teil-)automatisierte Fahrassistenz-Systeme vertrauenswürdig gestaltet werden können. Vertrauen in Produkte und Dienstleistungen der Informations- und Kommunikationstechnik wie auch Systeme mit künstlicher Intelligenz ist für Industrie und letztlich auch die Gesellschaft unerlässlich.
Welche Kompetenzen brauchen Studierende und NachwuchswissenschafterInnen?
Der Blick über die eigene Disziplin hinaus in Form des interdisziplinären Arbeitens bringt sehr viel. Wenn ich als Rechtswissenschafterin mit KollegInnen aus der Soziologie, Psychologie oder Ethik über Autonomie oder Vertrauen spreche, ergeben sich viele verschiedene Zugänge und Sichtweisen, die enorm bereichern. Mein Tipp ist also: Raus aus der disziplinären Komfortzone! Das ist auch im unternehmerischen Umfeld von großer Relevanz.
Wie könnte man diese Fähigkeit fördern?
Eine Möglichkeit an der Universität Graz bietet das Forschungsnetzwerks Human Factor in Digital Transformation. Hier diskutieren DissertantInnen mit verschiedenen fachlichen Hintergründen gemeinsam Fragen gesellschaftlicher Änderungen, die die Digitalisierung hervorruft. So ein Austausch auf fachlich hohem Niveau ist eine wissenschaftliche wie auch persönliche Bereicherung.
Diesen Austausch will auch die Arqus PhD Week anstoßen. Was erwarten Sie von der Veranstaltung?
Hauptsächlich Kontakte – und zwar sowohl allgemein zu Unternehmen als auch konkret zu den Menschen selbst. Durch die gemeinsamen Diskussionen und das Kennenlernen internationaler KollegInnen können wir Überschneidungspunkte ermitteln und in weiterer Folge womöglich auch enger zusammenarbeiten.
Nach dem Studium in die Praxis. Dann retour in die Forschung. Und später vielleicht als Doktorin erfolgreich in die Industrie. So könnte der Karriereweg von Modesta Trummer verlaufen. Die Pharmazeutin ist derzeit PhD-Studentin an der Universität Graz. Nach zweijähriger Berufserfahrung in einer Apotheke ist die Steirerin wieder in die Wissenschaft zurückgekehrt. Sie arbeitet am Ludwig-Boltzmann-Institut für Arthritis und Rehabilitation an ihrer Dissertation. Skills für mögliche außeruniversitäre Praxis will sich Trummer bei der Arqus PhD Week holen.
Sie haben die Effekte von Thermalwasser untersucht. Kann dieses zum Jungbrunnen werden?
In gewisser Weise, ja. So wird Wasser, das Schwefelwasserstoff enthält, schon seit Jahrhunderten bei muskeldegenerativen Erkrankungen und Gelenksentzündungen angewandt. Im Rahmen meiner Dissertation untersuche ich nun die Wirkungsweise von neuen Substanzen, die Schwefelwasserstoff freisetzen, und wie sie sich als potenzielle Arzneimittel eignen könnten.
Warum widmen Sie nach der Tätigkeit in einer Apotheke nun der Forschung?
Meine Neugier hat mich wieder an die Universität geführt. Die praktische Erfahrung war aber sehr wertvoll. Insbesondere die ständige Kontrolle und Überprüfung aller Angaben hat meine Arbeit noch genauer gemacht.
Was hat Sie motiviert, sich für die Arqus PhD Week anzumelden?
Zum einen finde ich es extrem spannend, sich mit Menschen anderer Disziplinen auszutauschen. Vor allem die internationale Breite eröffnet andere Perspektiven und erweitert das Netzwerk. Zum anderen möchte ich neue Impulse fürs unternehmerische Handeln gewinnen.
Wie kann Ihrer Einschätzung nach ein Unternehmen von ForscherInnen profitieren?
Uns zeichnet sicher das Durchhaltevermögen und Ausdauer aus. Denn wir müssen sehr hartnäckig sein, da Versuche nicht immer gleich funktionieren. Das ist mit einer großen Portion Lösungsorientierung und Kreativität verbunden. Daneben ist natürlich auch Organisationstalent gefordert.